Nürnberger Nachrichten 5./6. Juni 1999, Wochen-Magazin, Total digital Seite 4

Wo der Pinguin fränkisch spricht

Besuch bei der Linux-User-Group Nürnberg

Von Ilona Hörath

Schon lange hat "Tux", der posierliche Linux-Pinguin, auch in Franken eine Heimat gefunden. "Linux war für uns schon immer ein Thema. 1993 ging's richtig los damit, und wir haben uns gleich draufgestürzt", erzählt Joachim Astel, der die Nürnberger User-Group mit ins Leben gerufen hat. Aus dem Häuflein Freaks, das sich anfangs in lockerer Runde traf, ist mittlerweile eine ansehnliche User-Group geworden, die regelmäßig am gemütlichen Stammtisch "tagt". Mailinglisten ausarbeiten, fachsimpeln, plaudern - es gibt nichts, über das nicht gesprochen wird. Einzige Voraussetzung: es muß irgendwie ums Thema Linux gehen.

"Extrem flexibel und stabil"

"Linux ist ein tolles, leistungsfähiges System, mit dem man mehr als mit Windows machen kann", unterstreicht der Informatiker Dirk Melchers. "Und man kann es weiterschreiben und seine eigenen Ideen einbringen." Gerade das ist es, was Linux für seine Fans so attraktiv macht: Es ist kein vorgegebenes Betriebssystem, das in den geheimen Labors eines einzigen Herstellers mehr oder weniger glücklich weiterentwickelt wird.
An Linux stricken Fans in der ganzen Welt enthusiastisch mit - es ist ein Kind des Internet, das mittlerweile unzählige Pflegeeltern hat. Ein demokratisches Prinzip, das gerade dabei ist, die Computerwelt zu revolutionieren. Ein neues, professionelles Betriebssystem, das "leistungsfähig, extrem flexibel und stabil ist", wie der Student Roland Berger betont. "Und es ist multiuserfähig!" ergänzt der 30jährige Astel. Für viele ist Linux zudem eine höchst willkommene Alternative zum Goliath Bill Gates und dessen Windows, dem "roten Tuch" der Linuxianer.

"Die Linux-User-Group hat sich zu einem echten Anlaufpunkt entwickelt, vom Anfänger bis zum Freak treffen sich hier alle", weiß Joachim Astel. Das Linux-Fieber erwischt alle - ob "Erzieher, Koch, Angestellter oder Student", alle nutzen die User-Group, um dieses unabhängige Betriebssystem genau kennenzulernen, Erfahrungen auszutauschen und Neuentwicklungen oder Anwendungen zu diskutieren, kniffelige Installationsprobleme zu lösen oder Programmiertricks weiterzugeben. Dabei sein ist alles, "Hauptsache, er macht Linux!" Die "Fortgeschrittenen" in Nürnberg arbeiten mittlerweile sogar an der Entwicklung eines Autoradios, das von Linux gesteuert wird. Joachim Astel gesteht stolz: "Es sind schon Prototypen am Laufen."
Etwa 20 bis 50 Interessierte, darunter "ein harter Kern, der immer kommt", treffen sich "jeden Dienstag nach Vollmond" im "Landbierparadies" an der Rothenburger-/Ecke Imhoffstraße in Nürnberg. Und "es werden immer mehr". Frauen sind allerdings noch in der Minderheit. Die offene Atmosphäre ist es, die viele schätzen: "Unvoreingenommen, ohne Zwänge, ein bestimmtes Betriebssystem zu benutzen, und offen für Neuerungen", beschreibt Astel die User-Group. Und Roland Berger bekräftigt: "Es ist ein offener Treff, wir begrüßen jeden Neuen."

Die nächsten Treffen der User Group Nürnberg: 29. Juni, 3. August, 31. August. (alte Termine von 1999, Anm. d. Tippers) Ansprechpartner: Roland Berger, Telefon 09 11/40 57 63. Homepage: www.align.de. Sonstige Veranstaltungen: Linux-Bierwanderung durch Bayern vom 7. bis 14. August. (war auch im Jahr 1999, Anm. d. Tippers)

Sie bekommen von Linux nie genug: Die Nürnberger Linux-Jünger (hier bei der letzten Linux-Setup-Party) treffen sich regelmäßig, diskutieren die neuesten Entwicklungen und lösen jedes noch so kniffelige Installationsproblem.

Foto: Ilona Hörath